KI im Recruiting: Was ist heute schon möglich?

Bernhard Schaufler – KI im Recruiting

Bernhard Schaufler ist Head of Recruiting in der PersonalBasis Management GmbH

Lesedauer: 5 Minuten

Sie kennen sicher dieses Bild: ein Roboter sitzt einem Menschen gegenüber und führt das Bewerbungsgespräch. Wäre es nicht fein, wenn die gesamte mühsame Arbeit in einem Recruiting-Projekt von einer „Agentischen KI“ übernommen werden könnte? Sie selbst brauchen nur die Personalanforderung ins System einzugeben – und eine KI erledigt den Rest. Von der ersten Stellenausschreibung bis zum Onboarding. Sie filtert die Bewerbungen, analysiert die Unterlagen, prüft per Videoanalyse die Mimik der Kandidat:innen, führt automatisierte Assessments durch und erstellt für Sie eine Shortlist der drei besten Bewerber:innen. Sie brauchen am Ende „nur noch“ auswählen.

Egal, ob Sie das super finden oder nicht, es ist bloß Zukunftsmusik.
Teile davon sind jedoch heute schon Realität. Grund genug, genauer hinzuschauen.

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Bedeutet Bewerbermanagement-Software gleichzeitig KI?

Applicant Tracking Systeme (ATS) sind längst das Rückgrat eines effizienten Recruiting-Prozesses. Sie sorgen für Struktur, Transparenz und Nachvollziehbarkeit – und machen viele Abläufe für alle Beteiligten übersichtlich.

Viele Unternehmen verwalten ihre Bewerbungen noch immer in Excel. Das ist nicht effizient. Der Einsatz von KI im Recruiting soll vor allem die Effizienz noch weiter steigern und kann vielleicht zusätzlich die Qualität verbessern. Ohne ATS macht KI im Recruiting aber wenig Sinn. Wenn Sie kein Bewerbermanagementsystem haben, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, das Thema anzugehen.

Was kann KI im Zusammenspiel mit ATS wirklich leisten? Und was bleibt Wunschdenken?

  • CV-Parsing & Matching: Lebensläufe werden automatisch gelesen, Kompetenzen extrahiert, passende Skills erkannt und mit den Anforderungen abgeglichen. Das beschleunigt das Screening.
  • Interviewmanagement & Videoanalyse: Interviews werden geplant, Fragen (teil‑)automatisiert generiert, Protokolle erstellt und – bei manchen Anbietern – sogar die Körpersprache, Mimik und der Tonfall KI-gestützt ausgewertet.
  • Kommunikation & Candidate Experience: Einladungen, Absagen und Updates gehen automatisiert raus, Erinnerungen werden termingerecht versendet, Feedback kann (theoretisch) schneller erfolgen.
  • Reporting & Analyse: Dashboards liefern Kennzahlen, analysieren Funnel, machen Schwachstellen sichtbar. Datengetriebene Entscheidungen sind plötzlich nicht nur möglich, sondern Alltag.

Auch wenn KI inzwischen bei all diesen Schritten unterstützen kann – manche Aufgaben gehören weiterhin in Menschenhand. Vor allem dort, wo Empathie, Kontextwissen und echtes Interesse gefragt sind.

Die Stellenanalyse – bitte, bitte, bitte selbst durchführen!

Das konkrete Recruitingprojekt beginnt mit der Stellenanalyse und dem Ergebnis: Stellenbeschreibung und Anforderungsprofil. In einem Gespräch zwischen Recruiter:in und Hiring Manager. Und es sollte tunlichst nicht von einer KI übernommen werden. Warum? Wie soll die Recruiterin im Laufe des Prozesses die Stelle wirklich verstehen, wenn sie die Beschreibung nur von einem Screen abliest und sich nicht wirklich mit den Aufgaben, Anforderungen auseinandergesetzt hat? Und wie soll sie den Kandidat:innen Fragen dazu beantworten?

KI kann allerdings helfen, schnellere und bessere Stellenanzeigen zu erstellen, schlechte Vorlagen zu erkennen und Vorschläge zur Optimierung zu machen. Aber die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Job bleibt essenziell – und ist der Grundstein für jede wirklich gute Auswahl.

Anbieterüberblick: Wer kann was? Und wer kann Deutsch?

Die Liste der Anbieter ist lang. Wer sich im deutschsprachigen Raum auf die Suche macht, findet u.a.:

  • softgarden, Personio, rexx Systems, BeeSite Recruiting, BITE (alle mit KI-Integration, deutschsprachig)
  • eRecruiter, onlyfy, Fabasoft Folio (österreichische Anbieter)
  • Internationale Anbieter wie Eightfold.ai, HireVue, Interviewer.AI, Qureos, Retorio, Textkernel bieten meist ebenfalls deutsche Versionen oder Support.

Wer speziell KI-gestützte Videoanalyse sucht, landet fast zwangsläufig bei internationalen Playern. Gerade bei nicht-europäischen Anbietern (z.B. HireVue, Interviewer.AI, Qureos) sind die Themen DSGVO und EU AI-Act Konformität besonders zu prüfen.
Es gibt eine europäische Alternative: Retorio aus Deutschland!

AnbieterLand/RegionKI-Funktionen (Auswahl)Videoanalyse (KI)Oberfläche/Support DeutschDSGVO/ComplianceBesonderheiten
softgardenDACHCV-Parsing, Matching, AutomatisierungNeinJaJaFokus auf Candidate Experience
PersonioDACHAutomatisierte Workflows, Matching, AnalysenNeinJaJaBreite HR-Plattform
rexx SystemsDACHKI-Assistent für Stellenanzeigen, CV-Parsing, Matching, ReportingNeinJaJa, ISO-27001:202230+ Sprachen, hohe Compliance
BeeSite RecruitingDACHSkill-Matching, KI-Tools für Ads & CareersitesNeinJaJa (EU AI-Act)Forschung und angewandte KI
BITEDACHCV-Parser, KI-Ranking, Zeugnis-Analyse, WhatsApp-BewerbungNeinJaJa (EU AI-Act)Speziell für Effizienz im Recruiting
eRecruiterÖsterreichFormulierungsvorschläge, ProzessautomatisierungNeinJaJaFokus auf österreichische Unternehmen
onlyfyÖsterreichKI-Unterstützung im BewerbermanagementNeinJaJa (DSGVO-konform)Teil von XING, Integration ins Netzwerk
Fabasoft Folio/TalentsÖsterreichFabasphere AI Core, Dokumentenverarbeitung, MatchingNeinJaJa (DSGVO, BSI C5, ISO 27001)Starke Compliance, breites Ökosystem
Eightfold.aiUSA (global)Talent Intelligence, Matching, Agentic AI, WorkflowsNeinJaTeilweise, globale ZertifizierungenKI für gesamten Talent-Lebenszyklus
HireVueUSA (global)KI-Skill Validation, Automated Interviewing, AssessmentsJaJaTeilweise, FedRAMP, EU-StandardsMarktführer Videoanalyse
RetorioDeutschlandKI-Coaching, Audio/Videoanalyse, VerhaltensanalyseJaJaJa (DSGVO, EU AI-Act)Videoanalyse & Sales Coaching
Interviewer.AISingapur (global)Resume Scoring, Videoanalyse, Skill AssessmentJaJaTeilweise, Explainable AIEnd-to-End AI Video Interview Plattform
QureosAustralien (global)AI Video Assessments, Job Coach, MatchingJaJaTeilweiseFokus auf Video & Coaching für Bewerber:innen
TextkernelNiederlande (global)Parsing, Matching, Skills Intelligence, Labor InsightsNeinJaJa (ISO 27001, GDPR, EU AI-Act)Marktführer KI für HR-Parsing & Matching

Und was bringt das alles? Die echten Vorteile von KI im Recruiting

Die einzelnen Anbieter versprechen viel. Hier ein Überblick:

  • Automatisierung & Effizienz: Routineaufgaben laufen im Hintergrund, Time-to-Hire sinkt, Personalabteilungen gewinnen Zeit für die echten Herausforderungen.
  • Objektivität & Fairness: KI kann helfen, Vorurteile zu reduzieren und Diversität zu fördern – vorausgesetzt, sie wird verantwortungsvoll trainiert.
  • Bessere Candidate Experience: Schnelle, transparente Kommunikation, weniger Wartezeiten, mehr Fairness im Auswahlprozess.
  • Datengestützte Entscheidungen: Statistiken und Algorithmen helfen, bessere Personalentscheidungen zu treffen – zumindest in der Theorie.
  • Kosten- und Ressourceneinsparung: Mehr Automatisierung bedeutet weniger Aufwand pro Stelle – das spürt man besonders bei hohem Recruiting-Volumen.

Gerade die Erfahrungen aus der Praxis zeigen: KI kann viel, aber nicht alles. Personalisierte Ansprache (Active Sourcing), echtes Interesse an Kandidat:innen, das Gestalten eines individuellen Bewerbungsprozesses – all das bleibt Aufgabe der Menschen im Recruiting.

Auch ethische und rechtliche Grenzen sind klar: Die DSGVO und der EU AI-Act setzen dem Einsatz von KI (zu Recht) enge Grenzen, etwa bei Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Diskriminierungsfreiheit.

Rechtliche und ethische Aspekte: Spielregeln für KI im Recruiting

Die meisten großen Anbieter werben mit DSGVO-Konformität, Zertifikaten und Speicherstandorten in der EU. Die Verantwortung bleibt aber zumindest bei der Auswahl Ihres Anbieters bei Ihnen: Sie müssen prüfen, ob die eingesetzte Software tatsächlich allen rechtlichen Anforderungen genügt – und ob Bewerber:innen nachvollziehen können, wie Entscheidungen zustande kommen. Insbesondere bei internationalen Anbietern gilt besondere Vorsicht. Ob Anbieter aus Singapur, dem arabischen Raum oder den USA wirklich die EU-Datenschutzvorschriften erfüllen, muss im Einzelfall geprüft werden.

Die Konformität mit dem EU AI-Act bestätigen ausdrücklich derzeit nur vier Anbieter: die drei deutschen Unternehmen Retorio , Bite und beesite sowie Textkernel aus den Niederlanden.

Fazit und Empfehlung

KI im Recruiting ist ein Werkzeug – oft ein sehr hilfreiches. Digitalisierung und Automatisierung bieten Chancen, gerade für Unternehmen mit großem Recruiting-Bedarf. Die persönliche Auseinandersetzung mit der Position, der Dialog mit Kandidat:innen und der kritische Blick auf KI-Entscheidungen bleiben unverzichtbar. Nur so werden Recruiting-Prozesse wirklich besser – und nicht bloß schneller.

Dranbleiben lohnt sich: Wer jetzt sauber digitalisiert und kritisch auswählt, hat die besten Chancen, bei einem der nächsten Updates dann eine richtig gute KI mitnutzen zu können.

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